Zentrum für Buddhismusforschung
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Yasmin Fischer (Indologie):

Sri Lanka

1.

Die buddhistische Modernisierungsbewegung in Sri Lanka basiert auf der Konfrontation der Buddhisten mit der christlichen Missionierung durch die Briten. Die öffentliche Debatte in Pānadura, die 1865 zwischen dem buddhistischen Mönch Guānanda und dem christlichen Missionar de Silva ausgetragen wurde, markiert den Beginn der buddhistischen Modernisierung. Diese erste Phase der Modernisierung war geprägt von der Übernahme christlicher Verfahrensweisen, wie z.B. Argumentationsstil, Körperhaltung und der Einsatz von Druckerpressen zum Verfassen von Traktaten. Welche Strategien wurden von den buddhistischen Mönchen übernommen? Beeinflusste dies die Dogmatik der buddhistischen Lehre? Mit welchen Argumenten wurde die buddhistische Lehre als rational und wissenschaftlich haltbar dargelegt?

Literatur:

  • Bechert, Heinz: Buddhismus, Staat und Gesellschaft in den Ländern des Theravāda-Buddhismus. Band 1, Göttingen 1988, S.37-46, 58-65,
  • Gombrich, Richard: Der Theravada-Buddhismus : vom alten Indien bis zum modernen Sri Lanka. Stuttgart 1997, S. 177-187, 198ff.
  • Jayatilleke, K.N.: Facets of Buddhist thought. The Wheel Publication. Nr.162/163/164, Kandy 1971
  • Malalgoda, Kitsiri: Buddhism in Sinhalese Society 1750-1900. Berkely 1976, S.192-230

2.

Die ideologische Neuorientierung des Buddhismus wurde von den Laien im ausgehenden 19. Jahrhundert mit der Gründung buddhistischer Erneuerungsbewegungen (z.B. Buddhist Theosophical Society, Maha Body Society, Young Men’s Buddhist Association) in Gang gesetzt. Besonders durch Anagārika Dharmapāla wurde das herkömmliche Rollenverständnis von Mönch und Laie verändert. Inwiefern veränderte sich durch die buddhistischen Erneuerungsbewegungen die religiöse Tätigkeit der Laienanhänger? Wie reagierten die Mönche auf diese Entwicklung? Veränderte sich dadurch auch der Wirkungsbereich der Mönche? Wie änderte sich das Bild der Laienanhänger vom Mönch?

Literatur:

  • Bechert, Heinz: Buddhismus, Staat und Gesellschaft in den Ländern des Theravāda-Buddhismus. Band 1, Göttingen 1988, S.47-53, 67-81, 235-250
  • Gombrich, Richard: From monastery to meditation centre: lay meditation in modern Sri Lanka. In: Denwood, Philip; Piatigorsky, Alexander (ed.): Buddhist Studies Ancient and Modern. London 1983, S.20-34
  • Gombrich, Richard: Der Theravada-Buddhismus : vom alten Indien bis zum modernen Sri Lanka. Stuttgart 1997, S.189-198, 209-213
  • Gombrich, Richard; Obeyesekere, Gananath: Buddhism transformed. Princeton 1988
  • Malalgoda, Kitsiri: Buddhism in Sinhalese Society 1750-1900. Berkely 1976, S.230-257

Prof. Dr. Franz-Karl Ehrhard (Tibetologie):

Tibet

Der tibetische Buddhismus ist durch die Geschichte seiner Herkunft und Verbreitung eng mit Indien und den Himalayaländern (Ladakh, Nepal, Sikkim, Bhutan) verbunden. Mit dem Exodus der Tibeter in den 50er und 60er Jahren des 20. Jahrhunderts kam es zu einer Internationalisierung und Globalisierung der Religion des “Schneelandes”. Dies führte auf der einen Seite zur Gründung einer Großzahl sogenannter “Dharma-Zentren” im Westen (Chögyam Trungpa, Tarthang Tulku, Karma Kagyü, Gelugpa), andererseits wirkte der Vorgang der Verbreitung des tibetischen Buddhismus auch auf die lokalen Traditionen in Asien zurück.

Wie schlägt sich dieser Prozess der Moderniserung in Tibet und in den Himalayaländern nieder? Lässt er sich etwa exemplarisch im Hinblick auf die Neubewertung bestimmter kultureller Praktiken (Medizin) oder die Revitalisierung spezifischer Pilgerorte im tibetischen Kulturraum beobachten? Wie ist die kosmopolitische Ausrichtung innerhalb des tibetischen Buddhismus historisch einzuordnen?

Literatur:

  • A. Appadurai (1996). Modernity at Large: Cultural Dimensions of Globalization (= Public Worlds, 1). Minneapolis / London.
  • L.H. Conor & G. Samuel (2001). Healing Powers and Modernity: Traditional Medicine, Shamanism, and Science in Asian Societies. Westport, Connecticut / London.
  • P.C. Klieger (2002). Tibet, Self, and the Tibetan Diaspora: Voices of Difference (= Brill’s Tibetan Studies Library, 2:8). Leiden / Boston / Köln.
  • D.S. Lopez Jr. (2005). Critical Terms for the Study of Buddhism (= Buddhism and Modernity, 1). Chicago / London.
  • A. McKay (2003). The History of Tibet. Vol. III. The Modern Period: 1895-1959: The Encounter with Modernity. London / New York.
  • European Bulletin of Himalayan Research, 25/26 (2003/2004). Special Issue: Representing Local Histories in the Himalayas.

Prof. Dr. Jens-Uwe Hartmann (Indologie):

Nepal

In Nepal wird die Spätform des tantrischen Buddhismus Indiens seit etwa siebzig Jahren mit einer Erneuerungsbewegung konfrontiert, die demselben ethnischen und sozialen Umfeld angehört, sich aber auf den Theravada-Buddhismus Südostasiens stützt. Welche ideologischen Positionen kennzeichnen die Reformer, welche Wechselwirkungen entstehen, welche Anpassungsstrategien werden auf beiden Seiten notwendig, wie wird das Argument der Modernität eingesetzt?

Literatur

  • Heinz Bechert, J.-U. Hartmann, „Observations on the Reform of Bud­dhism in Nepal“, Journal of the Nepal Research Centre 8 (1988), S. 1-30 [nachgedruckt in: Heinz Bechert, Buddhismus, Staat und Gesellschaft in den Ländern des Theravada-Buddhismus, Band II, Neuausgabe mit Supplementen sowie Personen- und Sachregister, Göttingen 2000, S. 383-412].
  • Sarah LeVine, David Gellner, Rebuilding Buddhism. The Theravada Movement in Twentieth-Century Nepal, erscheint Harvard Dez. 2005 (ISBN 0-674-01908-3)

Thailand

Hier bieten sich zwei Themenkomplexe an, und zwar erstens die Dhammakaya Foundation, eine städtische Erneuerungsbewegung, die sich wesentlich auf Laien stützt und in deren Zentrum eine im Rahmen des Theravada-Buddhismus ungewöhnliche Meditationsform steht, und zweitens die strenge Rückbesinnung auf das asketische Ideal mit einer gleichzeitig einhergehenden Neuinterpretation buddhistischer Lehrinhalte, wie sie Buddhadasa Bhikkhu verkörpert.

Literatur:

  • Heinz Bechert, Buddhismus, Staat und Gesellschaft in den Ländern des Theravada-Buddhismus, Band II, Neuausgabe mit Supplementen sowie Personen- und Sachregister, Göttingen 2000, S. XVI-XIX
  • R.S. Bucknell e.a., “The 'three knowledges' of Buddhism: Implications of Buddhadasa's interpretation of rebirth”, R 13 (1983), S. 99‑112
  • Peter Jackson, Buddhadasa: A Buddhist Thinker for the Modern World, Bangkok 1988
  • Peter A. Jackson, Buddhism, Legitimation, and Conflict. The Political Functions of Urban Thai Buddhism, Singapore 1989
  • [Radical Conservatism: Buddhism in the Contemporary World. Articles in Honour of Bhikkhu Buddhadasa's 84th Birthday Anniversary, Bangkok 1990]

Buddhistischer Modernismus

Viele der gegen Ende des 19. und während des 20. Jahrhunderts in buddhistischen Ländern entstandenen Erneuerungsbewegungen greifen auf ein bestimmtes Inventar von Vorstellungen zurück, für die sich der Terminus „Buddhistischer Modernismus“ weithin durchgesetzt hat.

Was versteht man unter diesem Begriff, wie ist er entstanden? Welche Rolle soielen Rückbesinnungsprozesse im Rahmen solcher Entwicklungen, und zwar sowohl in dogmatischer (etwa in dem Versuch, die vermuteten Kernaussagen des Buddha in den Mittelpunkt zu rücken) als auch in praktischer Hinsicht (z.B. in der Rückbesinnung auf die Meditationspraxis)? Wie sehr sind sie durch eine Auseinandersetzung mit westlich-wissenschaftlichen Vorstellungen geprägt?

Literatur:

  • Heinz Bechert, “Buddhistic Modernism: Its Emergence, Impact and New Trends”, Business & Economic Review (Seoul) 14 (1990), S. 93-104.
  • Martin Baumann, „Neo‑Buddhistische Konzeptionen in Indien und England“, Zeitschrift für Religions‑ und Geistesge­schichte 43, 1991, S. 97‑116
  • Richard Gombrich, “From Monastery to Meditation Centre: Lay Meditation in Modern Sri Lanka”, Buddhist Studies. Ancient and Modern, ed. P. Denwood u.a., London, 1983, (Collected Papers on South Asia, 4), S. 20‑34
  • Detlef Kantowsky, „Buddhistischer Modernismus im Westen“, Gesellschaft, Demokratie, Lebenschancen. Festschrift für Ralf Dahrendorf, Stuttgart 1994, S. 217-234

Wissenschaft

Ein Kennzeichen vieler Erneuerungsbewegungen ist die Betonung entweder der Wissenschaftlichkeit des Buddhismus als solchem oder wenigstens der Kompatibilität buddhistischer Grundaussagen mit solchen der modernen Naturwissenschaften, wobei mehr oder minder unausgesprochen eine Differenz zu anderen religiösen Deutungsmustern konstruiert werden kann, seien es traditionellere Formen des Buddhismus am selben Ort oder aber konkurrierende und als weniger wissenschaftlich gesehene christliche Denominationen.

Literatur:

  • Heinz Bechert, “Buddhistic Modernism: Its Emergence, Impact and New Trends”, Business & Economic Review (Seoul) 14 (1990), S. 93-104.
  • Winfried Kruckenberg, Die Naturwissenschaften und die Lehre des Buddha. Grundlagen einer neuen Lebensorientierung im industriellen Zeitalter, [Selbstverl.] ca. 1986
  • Anja Oeck, „Schnittmenge: Wissenschaft und Buddhismus“, Tibet und Buddhismus 66, S. 8-9

Prof. Dr. Hans van Ess (Sinologie):

Chinesischer Buddhismus, Themen:

1) Buddhismus auf Taiwan und die militärischen Umwälzungen des 20. Jahrhunderts.

Der Buddhismus auf Taiwan hat im Lauf des 20. Jahrhunderts mehrere dramatische Transformationen  durchgemacht, die eng mit der kolonialen Vergangenheit des Landes zusammenhängen. So kamen im Gefolge der japanischen Besetzung auch Mönche verschiedener japanischer Zen-Richtungen auf die Insel. Diese dominierten das klösterliche Leben bis zur Flucht der Kuo-min tang nach Taiwan im Jahr 1949. Auch mit der Kuo-min  tang zogen Buddhisten nach Taiwan (nicht wenige der Mönche hatten sogar in der Armee gedient). Japanische und chinesische Schulen konkurrierten für einige Zeit, jedoch setzten sich die chinesischen Schulen bald durch — was nicht heißt, daß der Buddhismus auf Taiwan nicht zu Teilen noch immer japanisch geprägt wäre.  Ein Referat sollte sich dieses Themas annehmen und untersuchen, wie buddhistische Schulen auf diese vielfältigen Einflüsse reagierten.

2) Zur aktuellen Situation des Buddhismus auf Taiwan

Moderne Massenkommunikation ist eine ganz neue Herausforderung für die traditionelle Spiritualität. Medien wie das Internet und ein kurzlebigeres Publikationswesen verändern die Gestalt buddhistischer Lehren. Gegenwärtig spielen sich unter diesen Vorzeichen verschiedene Transformationsprozesse auf Taiwan ab, auf welche die einzelnen buddhistischen Meister in sehr unterschiedlicher Form reagieren — Die einen mit offenkundiger Kommerzialisierung, die anderen mit einer starken Wendung nach innen. Das Referat sollte versuchen, die verschiedenen Wege an Beispielen aufzuzeigen. Dies sollte mit sowohl traditionellen Publikationen als auch über das Internet zu recherchieren sein.

3) Zur Wiederbelebung des Ch‘an Buddhismus auf dem chinesischen Festland

Hierzu könnte ein Referat stark auf der Basis von Internetrecherchen durchgeführt werden. Nachdem Buddhismus während der  Kulturrevolution stark unterdrückt wurde, gibt es seit etwa 15 Jahren eine massive Rückkehr  buddhistischer Traditionen. Von besonderem Interesse wäre zum Beispiel der Wiederaufbau der zentralen Ch‘an-Klöster am Shao-lin Tempel oder am Wu-tang shan, wo sich im Speckgürtel dieser Klöster zahlreiche Kampfkunstschulen angesiedelt haben, die auch von Europäern frequentiert werden. Diese Schulen sind den Klöstern angeschlossen, auch wenn sie selbstverständlich kommerziell arbeiten. Neben einer Vielzahl chinesischer  Adepten üben dort auch Ausländer, oft für mehrere Monate, manchmal auch Jahre. Leider ist das Thema nur sehr schlecht durch in Printmedien erschienene Veröffentlichungen erschlossen.

Literatur:

  • Ji Zhe, La nouvelle relation Etat-bouddhisme - Un nombre grandissant de croyants entraîne une mutation de l’économie monastique en Chine
  • Perspectives chinoises n° 84, juillet – août 2004, (online erhältlich)
  • Raoul Birnbaum, “Buddhist China at the Century’s Turn”, The China Quarterly, n° 174, juin 2003
  • Holmes Welch, The Practice of Chinese Buddhism: 1900-1950, Cambridge, Harvard University Press, 1967.
  • ders., The Buddhist Revival in China, Harvard, Cambridge UP 1968.
  • Wright, Arthur F., Studies in Chinese Buddhism, Yale 1990.
  • Ders., Buddhism in Chinese History, New York 1965.
  • Don Alvin Pittman, Toward a Modern Chinese Buddhism. Taixu’s Reforms, Honolulu, University of Hawai’i Press, 2001.
  • Urs App, Master Yunmen — From the Record of the Chan Master „Gate of the Clouds“. Kodansha, New York, Tokyo, London 1994.
  • Chan, Wing-tsit, Religious Trends in Modern China, Columbia 1953.
  • Günzel, Marcus, Die Taiwan-Erfahrung des chinesischen Sangha — Zur Entwicklung des buddhistischen Mönchs- und Nonnenordens in der Republik China nach 1949, Göttingen 1998.
  • Hsing Fu-chuan (Lawrence): Taiwanese Buddhism and Buddhist Temples. Pacific Cultural Foundation 1983.
  • Jones, Charles Brewer, Buddhism in Taiwan — Religion and the State, 1660-19990. Honolulu 1999.
  • Lipinsky, Astrif, Taiwan: Tempel, Gläubige, Religionen, Selbstverlag 1996.
  • Overmyder, Daniel and David K. Jordan, The Flying Phoenix - Aspects of Chinese Sectarianism in Taiwan, Princeton 1986.
  • Heinrich Dumoulin, Hrsg., Buddhismus der Gegenwart, Freiburg 1970 (darin: Raguin, Yves).
  • Seiwert, Hubert, Volksreligion und nationale Tradition in Taiwan — Studien zur regionalen Regilionsgeschichte einer chinesischen Provinz. München 1985.
  • Jenning, Philipp, „Chan Meister im gegenwärtigen Taiwan: Ein Verglich von Meister Baiyun (Qianfoshan) und Meister Shengyan (Fagushan) mit Bezug auf ihr Verständnis von Chan, (Unveröffentlicht; Abgabedatum September 2003; Benutzung müßte mit Philipp Jenning abgesprochen werden).

Prof. Dr. Klaus Vollmer (Japan-Zentrum):

Buddhismus und Staat in Japan

Die Formierung eines Nationalstaates im späten 19. Jahrhundert stellt ein Kernstück der japanischen Modernisierung dar und wirkt bis heute identitätsstiftend für die japanische Gesellschaft. Welche Positionen haben die Schulen des japanischen Buddhismus zum Nationalstaat eingenommen ? Wie haben sie insbesondere auf die Vereinnahmungs- und Anpassungsforderungen des Staates reagiert, die in der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts auch totalitäre und imperialistische Zielsetzungen beinhalteten? Welchen Beitrag hat der japanische Buddhismus bei der Konstruktion einer nationalstaatlich geprägten, japanischen Identität geleistet? Welche Rolle spielen diese Beiträge gegebenenfalls in der Gegenwart?

Literatur:

  • Europäischsprachige Literatur zur Vorbereitung (weitere und japanischsprachige Literatur auf Anfrage):
  • Davis, Winston: “Buddhism and Modernization”, in: Ders.: Japanese Religion and Society. Paradigms of Structure and Change. Albany: State University of New York Press 1992, S. 153-187.
  • Fischer, Peter (Hg.): Buddhismus und Nationalismus im modernen Japan. Bochum: Brockmeyer 1979 (Berliner Beiträge zur sozial- und wirtschaftswiss. Japan-Forschung Nr.4).
  • Ketelaar, James Edward: Of Heretics and Martyrs in Meiji Japan. Princeton: Princeton UP 1990.
  • Shaku, Sôen: Zen for Americans. LaSalle: Open Court 1974.
  • Snodgrass, Judith: „Buddhism and Modernity in Meiji Japan“, „Buddhist Revival and Japanese Nationalism“, in: Dies.: Presenting Japanese Buddhism to the West. Chapel Hill, London: The University of North Carolina Press 2003, S. 115-154.
  • Victoria, Brian A.: Zen, Nationalismus und Krieg. Eine unheimliche Allianz. Berlin: Theseus Verlag 1999.
  • Vollmer, Klaus: „Der Weg des Todes. Zu Brian Victoria's Zen, Nationalismus und Krieg“, in: Nachrichten der OAG (NOAG) 167-168 (2000), S. 269-298.

Der japanische Buddhismus und die bioethische Diskussion

Wie in allen postindustriellen Gesellschaften findet in Japan seit vielen Jahren eine zum Teil lebhafte gesellschaftliche Diskussion um Grundfragen der Bioethik statt. Während in den 1970er und 1980er Jahren vor allem die Debatte um die Abtreibungspraxis japanischer Frauen im Zentrum stand und mehrere religionswissenschaftliche Untersuchungen anregte, geht es seit den vergangenen zehn Jahren vor allem um die Themen Hirntod, Organspende und das Klonen von Embryonen. Mit religiösen Traditionen begründete Haltungen und Wertvorstellungen machen unverändert einen wichtigen Strang des bioethischen Diskurses aus. Läßt sich hier ein genuin buddhistischer Beitrag ausmachen? Welche Positionen hat der japanische Buddhismus zu Fragen der Bioethik im gesellschaftlichen Kontext entwickelt?

Literatur:

  • Europäischsprachige Literatur zur Vorbereitung (weitere und japanischsprachige Literatur auf Anfrage):
  • Hardacre, Helen: Marketing the Menacing Fetus in Japan. Berkeley (u.a.): University of California Press 1997.
  • Keown, Damien: Buddhism and Bioethics. London, New York: St. Martin’s Press, Macmillan 1995.
  • LaFleur, William R.: Liquid Life. Abortion and Buddhism in Japan. Princeton: Princeton UP 1992.
  • Long, Susan Orpett: “Becoming a Cucumber: Culture, Nature, and the Good Death in Japan and the United States”, in: Journal of Japanese Studies Vol. 29, Nr. 1 (2003), S. 33-68.
  • Martin, Elaine: “Rethinking the Practice of Mizuko Kuyo in Contemporary Japan: Interviews with Practitioners at a Buddhist Temple in Tokyo”. http://bama.ua.edu/~emartin/publications/mkarticl.htm
  • Ohnuki-Tierney, Emiko: “Brain Death and Organ Transplantation. Cultural Bases of Medical Technology”, in: Current Anthropology Vol. 35, Nr. 3 (1994), S. 233-254.

Prof. Dr. Christoph Kleine (Japan-Zentrum):

1) Wie alle Religionen sieht sich auch der japanische Buddhismus in den Zeiten der Globalisierung vor ganz neue Herausforderungen gestellt. Einerseits muß er sich auf dem Weltmarkt der Religionen und Sinnangebote behaupten, andererseits hat er im Internetzeitalter die Chance, aus traditionellen Strukturen auszubrechen und die Weltöffentlichkeit z.B. via Internet zu erreichen. Welche Reaktionsmuster japanischer Buddhisten auf die Herausforderungen der Globalisierung sind erkennbar und typologisch voneinander abgrenzbar?

Literatur:

Allgemeine Einführungen:

  • Davis, Winston. "Buddhism and the Modernization of Japan." History of Religions 28, no. 4 (1989): 304-39.
  • — Japanese Religion and Society: Paradigms of Structure and Change. Albany: State University of New York Press, 1992.
  • — Toward Modernity, East Asia Papers Series. Ithaca, NY: Cornell University Press, 1977.
  • Ketelaar, James E. Of Heretics and Martyrs in Meiji Japan: Buddhism and its Persecution. Princeton: Princeton University Press, 1990.
  • Mullins, Mark R., Shimazono Susumu, and Paul L. Swanson, eds. Religion and Society in Modern Japan. Edited by Paul L. Swanson, Nanzan Studies in Asian Religions. Berkely: Asian Humanities Press, 1993.
  • Murakami, Shigeyoshi. Japanese Religion in the Modern Century. Translated by H. Byron Earhart. Tokyo: University of Tokyo Press, 1980.
  • Reader, Ian. Religion in Contemporary Japan. London: Macmillan, 1991.
  • Snodgrass, Judith. "Buddhism and Modernity in Meiji Japan." In Presenting Japanese Buddhism to the West, edited by Judith Snodgrass, 115-54. Chapel Hill, London: The University of North Carolina Press, 2003.

2) Religionen sind niemals nur passive Opfer oder Nutznießer von Modernisierungsprozessen, sondern sind ihrerseits auch immer aktiver Teil derselben. In unterschiedlicher Weise wirken sie beschleunigend, hemmend, korrigierend und kommentierend an der Modernisierung mit. Welchen Anteil an der Modernisierung Japans hatte der Buddhismus? Lassen sich in der japanischen Buddhismusgeschichte Ansätze finden, die mit dem des „asketischen Protestantismus“ – für Max Weber die ideologische Voraussetzung der modernen kapitalistischen Gesellschaft –, vergleichbar wären?

Literatur:

Allgemeine Einführungen:

  • Bellah, Robert N. Tokugawa Religion: The Cultural Roots of Modern Japan. New York: Free Press, 1985.
  • Nakamura, Hajime. Ways of Thinking of Eastern Peoples: India, China, Tibet, Japan. Honolulu: Univ. of Hawaii Pr., 1964.
  • —  Ansätze modernen Denkens in den Religionen Japans. Leiden: E.J. Brill, 1982.
  • — „Der religionsgeschichtliche Hintergrund der Entwicklung Japans in der Neuzeit.“ Japan und der Westen. Hg von C. von Barloewen und K. Werhahn-Mees. Frankfurt a. M.: Fischer, 1987. S. 56-94.
  • Schwentker, Wolfgang. Max Weber in Japan: Eine Untersuchung zur Wirkungsgeschichte 1905-1995. Tübingen: Mohr Siebeck, 1998.
  • Schütze Wolfgang. Das japanische Wirtschaftswunder: Max Webers Beitrag zu seiner Erklärung. Lüneburg: Al.Be.Ch.-Verlag, 1996.
  • Shimazono, Susumu. „Religious Influences on Japan’s Modernization.“ Japanese Journal of Religious Studies 8.3-4 (1981). S. 207-35.
  • Weber, Max. Gesammelte Aufsätze zur Religionssoziologie; 2 Bde. Stuttgart: UTB, 1988.
  • Yamamoto, Shichihei. „Ursprünge der Japanischen Arbeitsethik.“ Japan und der Westen. Hg von C. von Barloewen und K. Werhahn-Mees. Frankfurt a. M.: Fischer, 1987. S. 95-129.